die Glaskeil-Schalenamöbe (griech. hyalos=Kristall/Glas, sphen=Keil). Den Artnamen papilio gab ihnen Joseph Leidy, da ihre hübschen Farben und Formen ihn an Schmetterlinge denken ließen. Eine Art der nördlichen Halbkugel aus der Familie der Hyalospheniiadae.
Schale in Breitansicht keilförmig, ohne jeden Hals; die Seitenkanten sind gerade. In der Seitenansicht ist die Schale uzusammengedrückt. Im oberen Drittel sind deutlich zwei Poren zu erkennen. Die Mundöffnung ist relativ breit, wobei die Mundlinie in Breitansicht etwas vorgewölbt ist. In Seitenansicht besteht eine schwache Einkerbung des Pseudostoms. Die Schale ist transparent, ihre Farbe variiert zwischen einem schwachen Gelb und Ockerbraun. Die Schalenoberfläche ist ohne jede Struktur. Höhe der Schale 110-140 µm, Verhältnis Höhe zu Breite etwa 2:3.
Der Schaleninhalt wird durch fünf bis acht fadenförmige, ektoplasmatische Zellausläufer (Epipodien) an der Schaleninnenfläche befestigt. Symbiontische Algen (Zoochlorellen) sind in der Zelle immer vorhanden. Lebhafte lappenförmige Pseudopodien (Lobopodien) dienen der Fortbewegung und Nahrungsaufnahme. Die kontraktilen Vakuolen finden sich im oberen Viertel.
Als Thypusexemplar wurde Exemplar Nr 5 auf Leidys Tafel XXI erklärt (s. weiter unten).
Hyalosphenia papilio,114 µm hoch.
Der Plasmaleib füllt die Schale nicht aus, er ist mit sogenannten Epipodien darin aufgehängt, mittig oben der Zellkern (schief beleuchtet).
Lebensraum sind die oberen lebenden Teile des feuchten bis nassen Torfmooses.
Der Ursprung dieser Art liegt im Westen Nordamerikas, entstanden ist sie vermutlich während der Entstehung der Torfmoorgebiete während der quartären Vereisungs-/Zwischeneiszeitzyklen. Vermutlich besiedelten sie Eurasien erst nach der letzten Eiszeit.
Es existieren 12-14 verschiedene genetische Linien, die äußerlich gleich erscheinen.
Booth und Mayers (2010) stellten fest, dass im Schnitt die Zahl der Poren mit höherer Wassertiefe anstieg. Bei einigen der abgebildeten aktiven Exemplaren ist das Pseudostom offensichtlich völlig durch das Plasma verschlossen.
Joseph Leidy: "These [the pores] appear to serve for the ingress and egress of water accompanying the protrusion and retraction of the pseudopods."
Auch Eugène Penard war dieser Meinung (übersetzt): "Sowohl für mich als auch für Leidy scheint es, dass bei dieser Art wie auch bei anderen (Nebela, Arcella) diese Poren für den Austritt und die Rückführung des Wassers während des Hervortretens oder Zurückziehens der Pseudopodien verwendet werden müssen."
Penard weiter: "Die Länge der Hülle variiert … abhängig von der Lokalität und manchmal von den Verformungen der Membran, die eine gewisse Flexibilität aufweisen. Manchmal fand ich monströse Formen."
H. papilio ernähren sich mixostrophisch. Hauptnahrung sind zu 55 % Wimperntierchen und zu 35 % einzellige Algen, (Jassey et al 2012). Zusätzlich versorgen die Algensymbionten sie mit Zucker. Andere Autoren schreiben, dass sich H. papilio sogar zu 40% von ihren Algensymbionten ernähren lassen. Jedenfalls sind H. papilio ohne die Symbionten nicht lebensfähig.Neuere Untersuchungen der Beziehung zwischen Hyalosphenia papilio und seinen intrazellulären Algen deuten darauf hin, dass eine solche Endosymbiose möglicherweise nicht stabil ist und die Algen stattdessen nur vorübergehend Photosynthese betreiben (als Endosymbionten fungieren), bevor sie als Nahrungsquelle verdaut werden. [Weiner et al 2022]
Jung stellte fest, dass "Hyalosphenia papilio eine ausgesprochene Neigung zur Bildung von Standortsmodifikationen, physiologischen Rassen besitzt. Es variieren: Größe, Porenzahl und -lage. Stellenweise lebten eine große Form und eine kleine Form ohne vermittelnde Übergänge nebeneinander."
2007 beschrieb Chaim Glück im Mikrokosmos eine Variation, bei der die Schale direkt unterhalb der Poren stark eingedellt ist. Diese Variation vererbte sich bei seinen Untersuchungen und wurde dominant. 2022 fand ich in einer Torfmoosprobe (Terrarienmoos) die gleiche Variation in großer Zahl.
Die Variation wurde kürzlich (2022) auch in Estland gefunden. Sie erhielt den vorläufigen Namen "H. papilio corsetti"
Joseph Leidys Butterflies
J oseph Leidy stelle fest: "Among the multitude of specimens I have never oberved a pair in the position which is commonly viewed as that of conjugation, and having some relation with reproduction." (Unter der Menge von Exemplaren habe ich nie ein Paar in der Stellung beobachtet, die gemeinhin als die der Conjugation angesehen wird und eine gewisse Beziehung zur Fortpflanzung hat.)
Tatsächlich wurde meines Wissens bis heute keine Zellteilung beobachtet.
aus den Fresh-Water Rhizopods of North America, S. 131 ff.„No other lobose rhizopod has more impressed
me with its beauty than this one. From its delicacy and transparency, its bright colors and form, as it moves among the leaves of sphagnum,
desmids, and diatoms, I have associated it with the idea of a butterfly hovering among flowers.
… It was the [re]discovery of this beautiful form which impelled me to pursue the investigations which constitute the material of the present work."
[Keine andere Schalenamöbe hat mich so durch ihre Schönheit beeindruckt wie diese. Wegen ihrer Zartheit und Transparenz, ihrer hellen Farben und der Form, und wie sie sich durch Torfmoos, Zier- und Kieselalgen bewegt. Ich hatte dabei die Vorstellung eines Schmetterlings, der zwischen Blüten herumschwebt.
… Es war die Wiederentdeckung dieser wunderschönen Lebensform, die mich zur Aufnahme der Studien veranlasste, deren Ergebnis dieses Werk ist.]