Schalenamöben

1.2.1.1   Difflugia


Difflugia capreolata, ca. 270 µm hoch.

 

Difflugien [diffluo = fließen, Ehrenberg nannte sie "Schmelztierchen"] sind die ursprünglichste und artenreichste Arcellinida-Gattung. Es sind meist größere, im Querschnitt runde Organismen mit runder Mundöffnung, die ihre Schale durch eingearbeitete Fremdkörper stabilisieren. Verwendet werden in der Hauptsache kleinste Sandkörner, aber auch leere Kieselalgenschalen.

Auch wenn einige Difflugiaschalen etwas plump geraten scheinen, zeigen sie einen ausgeklügelten Bauplan, Gleich große Quarzkörner werden um die Öffnung angeordnet. Dornen entstehen aus immer kleiner werdenden Körnchen.

Difflugien sind pragmatisch, was die Auswahl der Baumaterialien angeht. Was zur Verfügung steht, wird für die nächste Generation gesammelt. Bei der Größe der eingesammelten Xenosomen sind sie aber erstaunlich selektiv.
Allerdings entstehen beim Bau mit nicht optimalen Materialien manchmal recht skurrile Gebilde, bei denen die arttypische Form kaum noch erkennbar ist.
Bereits das Verhalten bei der Beschaffung von Materialien für die nächste Gehäusegeneration ist erstaunlich, es werden nicht wahllos aus der Umgebung Fremdkörper eingesogen, sondern sinnvoll nur passende Größen ausgewählt und für den späteren Gebrauch im Inneren oder ausserhalb des Pseudostoms (Z. B. D. elegans) gesammelt.

Die Gattung gilt mit mehr als 300 Arten mit 200 Unterarten als "overcrowded".




In den Bemühungen, die unterschiedlichen Arten, die Difflugia zugeschrieben werden, zu rationalisieren, haben mehrere Forscher versucht, Difflugia in kleinere, überschaubarere Gruppen zu unterteilen. Das hat ergeben, dass die bisher als Difflugien sortierten Testazeen polyphyletisch sind, also in verschiedene Gattungen gehören. "... the shape of the test is a key element to determine and characterize the relation between higher taxonomic ranks (Lahr et al., 2019)"


Für den Amateur-Taxonomen immerhin beruhigend: Die neuen genetischen Gruppierungen entsprechen weitgehend der Morphologie,
also den äußeren Formengruppen, also den folgenden Gruppen bzw. Komplexen (nach Mazei und Warren, 2012): Außerdem wurde die bisherige Art Difflugia bidens in eine eigene Gattung Erugomicula überführt. Für die bisherige Difflugia viscidula wurde die neue Gattung Golemanskia viscidula eingerichtet
Ich habe diese Arten bisher nicht gefunden.

Wie oben aufgeführt, wurden die länglichen Difflugien in die neue Gattung Cylindrifflugia ausgegliedert.


Netzelia sind nahe Verwandte. Vermutlich entwickelten sich aus den Difflugien die abgeflachten Formen der Hyalosphenidae und der Lesquereusia, und in einer anderen Entwicklungslinie die Centropyxis, Bullinaria und andere Formen mit meist halbkugeliger Form und exzentrischem Pseudostom, die Excentrostoma.