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Zeitpunkt und Ursachen des Aussterbens
Im 18. Jahrhundert beherrschten die Promyshleniki*)von 'promysel' = Jagd, Tierfang das weite Sibirien. Diese gesetzlosen Pelzhändler plünderten unkontrolliert und maßlos den Pelztierbestand des riesigen Landes, unterwarfen zu diesem Zweck grausam die kleinen Volksgruppen und erzwangen Tributzahlungen, meist in Form von Zobelfellen*)zwar gab es Gesetze, die einen fairen Umgang mit den Ureinwohnern gewährleisten sollten, aber: "Russland ist groß, der Zar ist weit". Bald war ein Gebiet nach dem anderen ausgeraubt und man musste nach neuen Jagdgründen Ausschau halten. Da verbreiteten 1742 die Überlebenden der St. Peter die Nachricht, dass es im östlichen Ozean von Seeottern, Polarfüchsen und Seehunden nur so wimmelte. Als Beweis brachten sie 700 prächtige Seeotterpelze mit, für die in China höchste Preise zu erzielen waren.
Da gab es für die Promyshleniki kein Halten. Ein Run, vergleichbar den späteren Goldräuschen, setzte ein. Mehrjährige Jagdexpeditionen setzten Segel. Da Kamtschatka nicht in der Lage war, für solche jahrelangen Fahrten ausreichende Nahrungsvorräte zur Verfügung zu stellen*)Vasili Silov in Heptner 1974, S. 49, verbrachten die Jäger den ersten Winter auf der Beringinsel, um sich dort mit Seekuhfleisch zu verproviantieren.
Die Pelzjäger nutzten übrigens nicht nur Fleisch, Fett und Öl der Seekühe, sondern bespannten auch die Baidare, ihre bis zu 20 Personen tragenden leichten Boote, mit Seekuhhaut. Nur Kiel und Spanten brachten sie vom Festland mit.
Von der Insel aus setzten sie ihre Raubzüge fort, um die Alëuten und die Pribiloff-Inseln auszuplündern und die Küste von Alaska zu erkunden. Auch dort wurden die eingeborenen Völker versklavt und ausgebeutet.
Wie das gesamte Vorgehen dieser Abenteurer, so ging auch die Jagd auf die scheinbar unbegrenzt verfügbaren Seekühe äußerst rücksichtslos und verschwenderisch vonstatten. Der russische Bergbauingenieur Yakovlev, der die Abbauwürdigkeit des Erzes der benachbarten Kupferinsel prüfen sollte, berichtete 1755*)übersetzt aus Domning 1978, S. 163:
"Für die Jagd rudern 8 Männer aufs Meer, einer hat eine lange Harpune, mit der er im Bug steht. Wenn sie neben dem Kopf einer Kuh angekommen sind, wirft er kraftvoll die Harpune hinein. Jetzt rudert die Mannschaft so schnell sie kann von dem Tier fort, damit diese nicht mit ihrem Schwanz oder den Vorderflossen das Boot zerschmettern kann. Es dauert nicht lange, und das Tier ist erschöpft, hört auf zu schwimmen und dreht den Bauch nach oben. Jetzt kann es ins flache Wasser geschleppt werde...
Das Fleisch einer Kuh ernährt 33 Männer einen Monat lang.*)lt. Waxell ernährte sich seine 46 Mann starke Gruppe etwa 14 Tage vom Fleisch einer Kuh ...
Ich habe auch beobachtet, dass Männer die Seekühe zu zweit oder dritt jagten. Ein Mann watete zu einer Kuh im flachen Wasser und stach mit einer Lanze auf sie ein. Die dabei tödlich verwundeten Tiere aber flohen fast immer ins offene Meer und verendeten dort, so dass es eine große Verschwendung gab, gleichzeitig hungerten die erfolglosen Jäger. Die verschwenderische Jagd durch diese kleinen Gruppen sollte durch einen Ukas*)einen kaiserlichen Befehl unterbunden werden, sonst würde das Meer um die Bering-Insel bald ebenso leer sein wie das um die Kupferinsel."
Es kam zu keinem Ukas, das letzte einsame Tier wurde wahrscheinlich 1768 getötet.


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